Fällige Corona-Kredite und Schlussabrechnungskorrekturen drohen viele Unternehmen einzuholen

Veröffentlicht am 1. Februar 2023 um 09:19

Einleitung

Aktuell berichten uns immer mehr Steuerberater und Unternehmer von Problemen resultierend aus den immer näher rückenden Rückzahlungsverpflichtungen aus (in der Höhe) fälschlich bezogenen Corona-Hilfen und vereinbarten Corona-Krediten.

Fällige Corona-Kredite und Schlussabrechnungskorrekturen belasten Liquidität

Neben herausgegebenen Krediten, welche die Krisenzeit überbrücken sollten und deren Rückzahlungsverpflichtung zeitnah beginnt, berichten Steuerberater und Unternehmer nun immer häufiger von drohenden Rückzahlungsverpflichtungen aus den Schlussabrechnungen der eigentlich vollumfänglich subventionierten Corona-Hilfen.

Zur Rückzahlung (von Teilbeträgen) sind dabei alle Unternehmen verpflichtet, die einen höheren Auszahlungsbetrag erhalten haben, als eigentlich vom Gesetzgeber vorgesehen war. Die ursprünglich beantragten Hilfsmittel wurden zu Beginn der Krise aufgrund von Planungen auf Grundlage der Vorjahre beantragt, die sich dank der global-wirtschaftlichen Veränderungen ggfs. nun sehr abweichend vom eigentlichen Bild darstellen.

Die Schlussabrechnungen sind anhand der tatsächlich erzielten Umsätze zu erstellen und einzureichen. Fällt bei dieser Auswertung nun der Umsatz höher aus als ursprünglich geplant, ist die sich daraus ergebende Differenz der Fördermittel unmittelbar zur Rückzahlung fällig. Die gestiegenen Kosten spielen bei dieser Betrachtung lediglich eine untergeordnete Rolle.

Wahrheitsgemäße Schlussabrechnungen sind alternativlos

Die Abgabe der Schlussabrechnungen ist verpflichtend. In den Abrechnungen können überdies bei der ursprünglichen Beantragung fehlerhaft oder unvollständig gemachte Angaben konsequenzlos korrigiert werden. Sollten Schlussabrechnungen allerdings nicht fristgerecht oder erneut fehlerhaft eingereicht werden, droht die Rückforderung der gesamten ausgezahlten Fördermittel.

Eröffnung strafrechtlicher Tatbestände möglich

Die Abgabe der Schlussrechnung ist auch kein Selbstzweck. Die Schlussabrechnung dient vielmehr den staatlichen Fördermittelstellen als Prüfungsgrundlage. Ergibt sich daraus eine fehlerhafte oder unschlüssige Berechnung, wird ggfs. eine strafrechtliche Überprüfung folgen! Ein strafrechtlich eröffneter Tatbestand könnte hier der Subventionsbetrug gem. § 264 StGB sein.

Neben der Geschäftsführung des betroffenen Unternehmens sind auch die bei der Beantragung beteiligten Dienstleister betroffen, hier in der Regel die steuerberatenden Berufe. Beihilfetatbestände gem. § 27 StGB könnten hier eröffnet sein.

Aktuelle Hochrechnungen sind besorgniserregend

Aufgrund der strafrechtlichen Problematiken sind also Unternehmer und Steuerberater daran gehalten, eine wahrheitsgemäße und vollständige Schlussabrechnung zu legen und einzureichen, auch wenn dies zu Rückzahlungsansprüchen führen sollte.

Die diversen Hilfspakete und Möglichkeiten zur Beantragung auf Fördermittel liefen erst Mitte 2022 aus. Laut Homepage des Bundesministeriums für Finanzen wurden insgesamt ca. 5 Millionen Anträge auf Zuschüsse und ca. 170.000 Kredite in diverser Höhe gestellt. In einer vorläufigen Bilanz (Stand November 2021) ging das Ministerium bereits davon aus, dass insgesamt fast 130 Milliarden Euro an krisenbehaftete Unternehmen und Unternehmen verteilt wurden. Die staatlich vollumfänglichen subventionierten Zuschüsse machten dabei mit etwa 57 Milliarden Euro den etwas kleineren Teil aus. Diese Mittel werden nun in den Schlussabrechnungen geprüft. Die übrigen 70 Milliarden Euro werden in naher Zukunft zur Rückzahlung in Raten fällig.

Da der Stand der vorläufigen Bilanz nun aber auch bereits sehr betagt ist, muss von einer deutlich höheren Gesamtsumme ausgegangen werden. Es ist zu befürchten, dass viele Unternehmen nicht in der Lage sein werden, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.

Wie können daraus resultierende Liquiditätsbelastungen aufgefangen werden?

Die unplanmäßigen Rückzahlungen aus aktualisierten Schlussabrechnungen werden Unternehmen und Unternehmer in der Regel völlig überraschend treffen und vor große Probleme stellen. Aber selbst die eingeplanten ratierlichen Rückzahlungen entfalten aktuell große Sorgen bei Unternehmen, die aufgrund der wirtschaftlichen Gesamtsituation mit viel höheren Kosten kalkulieren müssen und somit wenig bis gar keinen Liquiditätsspielraum haben. Es stellt sich somit unweigerlich die Frage, wie mit der Mehrbelastung umgegangen werden soll.

Denkbar sind hier Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen für die aus der Schlussabrechnung fälligen Rückzahlungsansprüche. Im Falle der fälligen Darlehen wäre eine Aussetzung von Raten oder auch eine Verlagerung des Rückzahlungsbeginns denkbar. Auch könnte man eine Neukreditierung bei kreditwürdigen Unternehmen in Betracht ziehen. Doch frisches Geld ist teuer und alle beschriebenen Maßnahmen werden die Probleme vermutlich lediglich in die Zukunft verschieben.

Und plötzlich ist das Unternehmen überschuldet oder sogar drohend zahlungsunfähig

Schon bei der Beantragung der Soforthilfen und sonstigen Fördermittel wurden entsprechende Rückstellungen bilanziert, die nun ggfs. nicht mehr ausreichen und angepasst werden müssen. Dies kann schnell zu einer Überschuldung der Bilanz und sogar zu einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des betroffenen Unternehmens mangels benötigter Liquidität führen und eine Insolvenzantragspflicht begründen, da ggfs. keine positive Fortbestehensprognose mehr erstellt werden kann.

Probleme bei der Bilanzaufstellung von krisenbehafteten Unternehmen

Mit dem BGH-Urteil IX ZR 285/14 vom 26.01.2017 haben sich die Vorgaben bei der Erstellung handelsrechtlicher Jahresabschlüsse für die steuerlichen Berater bei Erkennen einer buchmäßigen Überschuldung radikal geändert. Gab es in der Vergangenheit gewisse Freiheiten bei Kenntnis einer buchmäßigen Überschuldung einer Kapitalgesellschaft, argumentieren die Richter in besagtem Urteil sehr drastisch und räumen den steuerlichen Beratern bei Falsch- oder Schlechtberatung im Rahmen der Bilanzerstellung eine empfindliche Mithaftung ein.

Dies führt dazu, dass die Herausgabe von Bilanzen mit ausgewiesener buchmäßiger Überschuldung zu Fortführungswerten nicht mehr möglich ist. Genau hier setzt aber das Problem bei vielen Unternehmen ein, die mit oben benannten Rückzahlungsansprüchen konfrontiert werden.

Sollte sich dann das eh schon wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen auch noch in einer krisenbehafteten Situation befindet, weil zum Beispiel Umsätze rückläufig, Erträge seit längerem nicht mehr vorhanden und auch in der Zukunft nicht in der benötigten Höhe zu realisieren sind, verstärkt sich auch der Druck auf die steuerlichen Berater erheblich. Denn seit dem 01.01.2022 haben sich die Haftungsrisiken durch die Neueinführung des § 102 StaRUG bei der Erstellung von Jahresabschlüssen für Mitglieder der steuerberatenden Berufe bei der Feststellung einer buchmäßigen Überschuldung noch einmal deutlich verschärft.

Das Gesetz zwingt nicht nur die Geschäftsleitung von Kapitalgesellschaften dazu, die Fortführung der Kapitalgesellschaft auch unterjährig im Rahmen der Kapitalentwicklung zu kontrollieren, sondern diese Verpflichtung fällt zusätzlich auf die Mitglieder der steuerberatenden Berufe zurück, wenn sie auch die monatliche Buchhaltung einer Kapitalgesellschaft übernommen haben.

Verzehr des bilanziellen Eigenkapitals und Ausweitung einer buchmäßigen Überschuldung

Es besteht der Zwang seitens steuerlicher Berater auf die bilanzielle Überschuldung und damit ggfs. verbundene Insolvenzantragspflicht (mangels positiver Fortbestehensprognose) hinzuweisen. Der entsprechende Berater darf die Bilanz dazu auch nur noch zu Zerschlagungswerten aufstellen. Alles andere führt zu empfindlichen Haftungsrisiken im Zuge der späteren Prüfungen und Ermittlungen in den Bereichen Gläubigerbenachteiligung und Insolvenzverschleppung.

Positive Fortbestehensprognose als Entlastungszertifikat

Es liegt keine insolvenzrechtliche Überschuldung vor, wenn die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist, wenn also eine positive Fortbestehensprognose in Form einer Zahlungsfähigkeitsprognose, die die nächsten 12 Monate umfasst, abgegeben werden kann. Bei Vorliegen einer solchen positiven Fortbestehensprognose liegt also keine insolvenzrechtliche Überschuldung vor, selbst wenn eine handelsrechtliche Überschuldung festgestellt werden musste, und damit besteht auch keine Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a InsO.

Sanierung/ Erhalt des Unternehmens durch Verzicht/ Erlass möglich?

Die Rückzahlungsverpflichtungen belasten die Liquidität des betroffenen Unternehmens ggfs. auch langfristig, da Stundungen oder ähnliche Vereinbarungen das Problem in der Regel nur verlagern werden. Viele Unternehmer erhoffen sich daher einen zumindest teilweisen Verzicht. Dieser würde vermutlich auch in den meisten Fällen zu einer Entspannung der Liquidität führen und eine positive Fortbestehensprognose ermöglichen.

Wir gehen aktuell allerdings nicht davon aus, dass Verzichte im Zuge der Corona-Hilfen und Fördermittelprogramme ausgesprochen werden.

Negative Fortbestehensprognose als Bestätigung der insolvenzrechtlichen Überschuldung

Wenn jedoch die Fortbestehensprognose lediglich negativ ausgestellt werden kann, kann die vorliegende handelsrechtliche Überschuldung auch nicht neutralisiert werden und erwächst zwangsläufig zu einer insolvenzrechtlichen Überschuldung, die wiederum eine Insolvenzantragspflicht auslöst.

Praktische Bedeutung für den steuerlichen Berater

Hier ist der Steuerberater in der besonderen Pflicht, seine gesetzlich festgeschriebene Rolle als beratender Experte wahrzunehmen, seinen Mandanten auf die nunmehr bestehende Insolvenzantragspflicht hinzuweisen! Ansonsten ist die Haftung für den Steuerberater vorprogrammiert (vgl. § 102 StaRUG). Die Haftung droht auch nicht nur gegenüber dem Mandanten, sondern gegenüber sämtlichen Gläubigern, die geltend machen können, dass sie besser gestanden hätten, wenn der Antrag rechtzeitig und richtig gestellt worden wäre.

Eigenverwaltete Insolvenzverfahren zur Sanierung und zum Erhalt krisenbehafteter Unternehmen

Seit dem 01.01.2021 ist die Insolvenzordnung um das SanInsFoG ergänzt worden. Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen der Eigenverwaltung, die es seit dem in 2012 eingeführten ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) gibt, entsprechend aller bis dato gesammelten Erfahrungen angepasst.

Die mittlerweile auch in der Praxis sehr bedeutsamen eigenverwalteten Insolvenzverfahren haben sich als Sonderform im Rahmen von Unternehmenssanierung und Unternehmenserhalt etabliert.

Dabei sind nun die Insolvenzantragsformalitäten vom Gesetzgeber konkretisiert und um verfahrensspezifische Vorgaben erweitert worden.

Eigenverwaltung bedeutet gestalterische Fortführung

Die Besonderheit eines eigenverwalteten Insolvenzverfahrens besteht darin, dass der Eigenverwalter in der Verantwortung steht, Sanierungs- bzw. Restrukturierungsmaßnahmen umzusetzen. Der vom Gesetzgeber vorgesehene Sachwalter – also der insolvenzspezifische Aufsichtsrat – kann dabei vom Antragssteller bzw. von einem präsumtiven Gläubigerausschuss im Vorfeld bei Gericht vorgeschlagen werden. Der Gesetzgeber hat hier explizit dem Gläubigerausschuss Vorrang bei der Auswahl des Sachwalters gegeben.

Ob es sich anbietet bzw. sogar verpflichtend ist, einen Gläubigerausschuss zu gestalten, hängt von der Unternehmensgröße und weiteren Faktoren ab.

Das bedeutet, dass komplexe Sanierungsvorhaben mit der Beauftragung einer Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung und der Bildung eines Gläubigerausschusses, der dann einen passenden Sachwalter vorschlägt, gute Aussichten auf Erfolg hat, da die Fortführung des Unternehmens und der Erhalt von Arbeitsplätzen in der Eigenverwaltung immer oberste Priorität haben.

Die vorliegenden Probleme können innerhalb eines Insolvenz(plan)verfahrens in Eigenverwaltung gelöst werden, da die Hilfsmittel und Kredite über einen Insolvenzplan abgegolten werden können, sofern sie nicht unter betrügerischen Vorsätzen erlangt wurden.

Frühzeitige unverbindliche Beratung

Sprechen Sie daher unbedingt frühzeitig mit erfahrenen Sanierungsberatern, die bereits eigenverwaltete Insolvenzverfahren erfolgreich über den Abschluss und die Annahme von Insolvenzplänen abgeschlossen haben.

 

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